Kredite aus dem Investment Fund
unterstützen unternehmerische Ideen

Mit finanzieller Unterstützung aus Hetzerath richtete das Sharing Youth Centre Anfang 2021 einen „Investment Fund“ ein. Aus dem mit insgesamt 3.000 Euro gefüllten Topf können kleine Kredite vergeben werden, um unternehmerische Ideen von Schüler(inne)n und/oder Lehrer(inne)n umzusetzen. Die dabei erzielten Zinserträge kommen dem Berufsschulzentrum zugute, das seinen laufenden Betrieb ja aus eigener Kraft zu finanzieren hat.

Anders als in Deutschland, müssen Familien in Uganda für die (Schul-)Ausbildung ihrer Kinder bezahlen. Auch die Lehrgänge an der Berufsschule des Sharing Youth Centre kosten Geld. Da die Auszubildenden zum größten Teil aus den umliegenden ärmeren Wohnvierteln Kampalas oder aus ländlichen Regionen des Landes kommen, versucht Sharing, die Gebühren niedrig zu halten, indem anderweitig Mittel für den laufenden Betrieb generiert werden. Dabei leisten auch die Lehrlinge einen wichtigen Beitrag: Die Ausbildungswerkstätten sind am lokalen Markt aktiv, fertigen also Produkte für den Verkauf oder erbringen Dienstleistungen für Firmen und Privatleute.

Diese Konstellation hat neben vergleichsweise niedrigen Schulgebühren noch weitere positive Effekte. Zum einen entsteht so häufiger Bedarf für Aktivitäten „nach Feierabend“, der natürlich zu den lokal üblichen Bedingungen entlohnt wird. Zum anderen lernen die Auszubildenden quasi „aus erster Hand“ und ganz praktisch, was sie dringend brauchen, um später im Beruf zu bestehen: planen, organisieren, kalkulieren, abrechnen. Unternehmerisches Denken zu wecken und zu fördern ist in allen Lehrgängen bei Sharing ein wichtiges Ausbildungsziel. Da Anstellungsverhältnisse in Uganda Mangelware sind, verdienen sich die meisten Absolventen ihren Lebensunterhalt notgedrungen als selbstständige Klein(st)unternehmer.

Seit Ostern 2021 haben interessierte Auszubildende der Abteilung Catering die Möglichkeit, noch einen Schritt weiter zu gehen: Das Sharing Restaurant ist eine Art Lehrlingsunternehmen. Unter Anleitung und mit Betreuung von Ausbilderinnen wird es in wöchentlich wechselnder Besetzung von einer Gruppe junger Leute betrieben. Sie entscheiden über das Angebot an leckeren Snacks und kühlen Getränken ebenso wie über die Preisgestaltung; sie müssen dafür sorgen, dass genügend Vorräte eingekauft werden und rechtzeitig ausreichend viele Portionen verzehrfertig sind. Selbstverständlich ist dabei auch zu berücksichtigen, dass sich die Arbeit lohnt – für die Engagierten persönlich ebenso wie für „ihren“ Betrieb.

Um das Sharing Restaurant überhaupt eröffnen zu können, musste allerdings erst einmal die notwendige Einrichtung beschafft werden. Kühl- und Eisschrank, Verkaufstresen mit Kühl- und Warmhaltemöglichkeiten gemäß Hygienestandards, Kaffeemaschine, Kocher und Saftpresse, Geschirr, Besteck und Gläser, nicht zu vergessen ein paar Tische und Stühle – eine Investition dieser Größenordnung konnte die Gruppe schlicht nicht stemmen. Auch der Etat der Berufsschule ließ Sonderausgaben in der Größenordnung von umgerechnet 2.500 Euro nicht zu.

Die Lösung ist ein Modell mit Zukunftsperspektive: Das Sharing Youth Centre richtete einen „Investment Fund“ ein. Aus dem mit insgesamt 3.000 Euro gefüllten Topf vergibt ein eigens zusammengestelltes Komitee Kredite, beispielsweise an die Organisator(inn)en des Sharing Restaurant. Vom erwirtschafteten Überschuss wird der Kredit zum vorher vereinbarten festen Zinssatz in kleinen Raten zurückgezahlt. Aus dem wieder aufgefüllten Fund wird dann der nächste Kredit vergeben für die nächste gute  unternehmerische Idee – ein Modell, das im wahrsten Sinn des Wortes Schule machen kann.

Für die Erstbefüllung des Investment Fund kam die eine Hälfte des Geldes aus Hetzerath, die andere Hälfte steuerte die gemeinnützige Comundialis-Stiftung mit Sitz in Köln bei. Sollte der Fund einmal nicht mehr für Kredite dieser Art gebraucht werden, kann der aus Hetzerath zur Verfügung gestellte Betrag in ein Förderprojekt eingebracht werden, für das in der Regel Eigenmittel notwendig sind.

Übrigens: Untergebracht ist das Sharing Restaurant in der neuen “Ladenzeile” neben dem ebenfalls neuen Eingang zum Sharing Youth Centre. Seit 2018 hatte die Sharing Community davon geträumt, den bis dato nicht gerade einladenden Zugang zum Schulgelände attraktiver zu gestalten. In allen Sonntagsmessen wurde gesammelt, Anfang 2020 war der Betrag endlich beisammen. Parallel gedieh ein anderes Projekt: Eine Gönnerin aus den Niederlanden stellte Geld bereit, um die sehr beengte Ausbildungswerkstatt für Friseure zu vergrößern. Im Corona-Lockdown entstand schließlich die Idee, beide Pläne zu verbinden und mit einer cleveren Bauausführung sogar noch mehr Möglichkeiten zu schaffen.

So wuchs ab Dezember 2020 ein wuchtiges Eingangstor mit weithin sichtbarer Leuchtschrift in den Himmel, das seitlich in einen Mehrzweck-Anbau mündet. Im größten Raum erfüllen seit Mitte März 2021 Friseurlehrlinge unter Anleitung ihrer Ausbilderinnen die Frisurwünsche einer stetig wachsenden Kundenschar – der Sharing Unisex Saloon ist bei Frauen wie Männern gleichermaßen beliebt. Im nächsten Raum, kleiner zwar, aber mit vorgebauter Terrasse, eröffnete an Ostern 2021 das Sharing Restaurant. Die drei Tische auf der Terrasse mit Blick über Kampala sind vor allem am späten Nachmittag und frühen Abend regelmäßig ausgebucht. Den dritten Raum richtete sich Mitte 2021 die Schneiderei von Sharing ein: Hier gibt es im Unterricht vorgefertigte Kleidungsstücke zu kaufen, die fortgeschrittene Lehrlinge rasch noch vollends an die Figur der Käufer(innen) anpassen.

Wie andere Geschäfte auch, durften die Sharing-Läden während des zweiten ugandischen Corona-Lockdowns von Mitte Juni bis Ende Oktober 2021 geöffnet bleiben – und boten so Einnahme- und Verdienstmöglichkeiten. Der engagierten Crew des Sharing Restaurant gelang es sogar, ihren Kredit wie vereinbart abzustottern. Aus dem wieder gefüllten Investment Fund wurde Anfang 2022 ein zusätzlicher “Tante Emma”-Laden finanziert: Hier bietet eine andere Azubi-Gruppe Stifte, Blöcke und Bücher, aber auch Waren des täglichen Bedarfs wie Mineralwasser oder Zucker an. Und das Restaurant-Team verhandelt bereits über einen neuen Kleinkredit – für eine Eismaschine. Denn gutes hausgemachtes Eis ist (nicht nur) in Kampala ein Scoop …